Handarbeit und Trachten von Kihnu
Von außen betrachtet kann man den Eindruck gewinnen, dass man sich auf Kihnu stark mit dem Erhalt von Traditionen beschäftigt, da es so gegenseitig vereinbart wurde und es heute in der Mode ist. Doch bei näherem Hinschauen stellt man fest, dass es so eigentlich nicht ist – Das Leben nach Traditionen ist selbstverständlich für die Einwohner Kihnus und stellt die natürliche und einzig wahre Lebensweise dar. Frauen von Kihnu tragen ihre Röcke aus Liebe und nicht um damit Eindruck zu schinden. Die traditionelle Volkstracht der Frauen von Kihnu ist für sie die weltweit schönste und sie selbst sind gerade beim Tragen ihrer Tracht am Schönsten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Frauen von Kihnu nicht auch gewöhnliche Stadtkleidung tragen.
Dass eine Frau von Kihnu etwa 60 Schürzen in ihrer Truhe aufbewahrt und diese jeden Tag wechselt, dient natürlich dem Zweck diese zu zeigen. Denn schließlich muss den anderen Frauen von Kihnu gezeigt werden, welch schöne Schürzen man besitzt und in der Truhe aufbewahrt.
Selbstverständlich wird die Liebe auch durch die Umgebung und Abgeschiedenheit aufrechterhalten, was den Fortbestand der eigenen Sprache und Kultur unterstützt hat.
Die Volkstracht der Frauen besteht aus einem gestreiften Rock, der entweder rot, teilweise rot, mit Streifen, blau, oder schwarz im Falle der Trauertracht, ist. Abhängig vom Alter des Verstorbenen und der Nähe zu ihm wird ungefähr nach einem halben Jahr ein blauer, dann ein mit Streifen verzierter und schließlich ein teilweise roter Rock getragen. Witwen tragen nie wieder einen ganz roten Rock.
Auch bei der Hochzeit trägt die Braut keinen roten Rock, da sie um ihr unverheiratetes Dasein trauert. Auch der Rock der Braut wird nach der Zeremonie nicht mehr getragen. Erst wenn die Frau stirbt, wird sie in genau dieser Tracht auf ihrem letzten Weg begleitet. Die Farbe des Rockes schreibt vor, welche Farbe die Jacke und die Schürze besitzen. Die Schürze gehört lediglich zur Kleidung verheirateter Frauen. Eine unverheiratete Frau mit mehreren Kindern, die in einem Konkubinat lebt, besitzt dieses Recht nicht. Falls eine verheiratete Frau jedoch vergisst ihre Schürze zu tragen, wird dadurch das Böse heraufbeschwört und dies sollte man besser verhindern.
Die Bundhaube gehört ebenfalls zur Kopfbedeckung verheirateter Frauen, doch heutzutage wird die Bundhaube nur zu sehr feierlichen Ereignissen getragen. Es gibt auch spezielle Schuhe, die nur an besonders feierlichen Tagen angezogen werden. Zu der feierlichen Tracht gehört außerdem die „käused“, eine bestickte Bluse, über die ein mit Blumenmustern verziertes Tuch und sehr viele Perlen drapiert werden. Auch eine Silberbrosche wird an der Bluse fixiert.
Trägt eine Frau von Kihnu also wirklich jeden Tag Volkstracht, fragt man sich als Einwohner vom Inland? Ja, manche tragen sie tatsächlich täglich, aber andere wiederum eher von Zeit zu Zeit. Fest steht jedoch, dass eine Frau Kihnus ihre Volkstracht dann trägt, wenn sie das Gefühl hat, sie wirklich tragen zu wollen und nicht um sie bloß zu zeigen.
An Festtagen möchte die Frau immer ihre schönste Volkstracht tragen.
Zu der Volkstracht der Männer gehört der „troi“, ein mit Mustern verzierter, gestrickter Pullover, der jedoch nicht täglich getragen wird. Der „troi“ ist ein teures Geschenk von hohem Wert und Ehrenbürger Kihnus tragen den ihnen geschenkten „troi“ mit großem Stolz. Auf Kihnu wird Handarbeit immer hoch geschätzt und da Handarbeitssachen in täglichem Gebrauch sind, sind auch die Fähigkeiten bewahrt worden. Jede Frau von Kihnu kann Stoff in Handarbeit herstellen, mit Stricknadeln stricken und sticken, aber natürlich spezialisiert man sich heutzutage auf die Handarbeiten, die am meisten persönliches Interesse wecken. Begabtere Handarbeitsmeister verwenden dünnere Garne, die Muster sind aufwendiger und ihre Handarbeiten werden sehr geschätzt.
Das Talent zum Tanzen haben die Einwohner Kihnus im Blut und die Tanzlust in den Beinen. Die jüngsten Einwohner Kihnus tanzen von klein auf Feiern mit ihrer Mutter oder Großmutter und in letzter Zeit sieht man immer mehr junge Männer mit ihrer Mutter tanzen. Auch die Männer von Kihnu können tanzen und tun dies auch, doch das Gesamtbild von der Tanzfläche ist überwiegend durch die gestreiften Röcke der Frauen geprägt. Das gemeinsame Ringtanzen ist absolut einzigartig auf der ganzen Welt und vor allem vom Standpunkt der Kulturwahrung her sehr wichtig.
Die Bewahrung der Tanzkunst wird dadurch unterstützt, dass der für Kihnu eigentümliche Tanz und Gesang in der Schule von Kihnu auf dem Stundenplan stehen. Außerdem ist das bekannte Folkloreensemble „Kihnumua“ (Kihnuland) aktiv, in dem Jung und Alt zusammen tanzen. Das Beherrschen eines Instrumentes ist seit den letzten zehn Jahren stark im Kommen: In der Traditionsschule erlernen fast alle Schulkinder ein Instrument und viele von ihnen lernen sowohl Akkordeon als auch Geige. Am beliebtesten ist das Akkordeon und obwohl dieses traditionell von Männern gespielt wurde, spielen es heutzutage vorwiegend Frauen.